Öle und Fette – was wirklich in der Flasche steckt

Wenn du im Supermarkt vor den Regalen mit Speiseölen stehst, siehst du dich einer Flut von Angeboten gegenüber. Olivenöl, Kürbiskernöl, Sonnenblumenöl, Rapsöl – und auf den Etiketten steht „nativ“, „kalt gepresst“, „reich an Omega-3“ oder „aus erster Pressung“. Aber was bedeutet das alles?

Der Begriff „nativ“ ist in Europa nur für Olivenöl klar definiert. „Natives Olivenöl extra“ muss kalt gepresst sein, darf nicht chemisch behandelt werden und muss geschmackliche und chemische Grenzwerte einhalten. Bei allen anderen Ölen – Raps, Sonnenblume, Lein – ist „nativ“ keine geschützte Bezeichnung. Hersteller dürfen den Ausdruck frei verwenden, auch wenn das Öl industriell verarbeitet wurde.

„Kalt gepresst“ bedeutet theoretisch, dass bei der Herstellung keine Hitze zugeführt wurde und die Temperatur durch Reibung nicht über 40 bis 50 Grad steigt. In der Praxis wird das aber selten kontrolliert. Kalt gepresste Öle sind deshalb nicht automatisch besser – wenn die Rohware schlecht ist, nützt auch die beste Pressung nichts.

Raffinierte Öle – schlechter Ruf, gutes Produkt?

Auf Social Media wird oft gewarnt: „Finger weg von raffinierten Ölen.“ Ich bekomme regelmäßig Kommentare unter meine Videos, die genau das sagen. Aber ist das wirklich ein Problem mit der Raffinantion? Eigentlich nicht! Denn Raffination ist kein gefährlicher Prozess, sondern eine Reinigung. Das Rohöl wird von Schwebstoffen, freien Fettsäuren, Farbstoffen und Gerüchen befreit. Das passiert in fünf Schritten: entschleimen, entsäuern, bleichen, dämpfen und filtern.

Am Ende steht ein helles, neutrales und haltbares Speiseöl. Das klingt technisch – ist es auch –, aber gefährlich ist das nicht. Raffinierte Öle sind hitzestabil, schmecken neutral und halten deutlich länger. Aber ja – es gibt einen Nachteil: Sie enthalten weniger Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe und Antioxidantien.

Deshalb eignen sich raffinierte Öle vor allem zum Braten und Frittieren, während native, kalt gepresste Öle besser für Salate oder kalte Speisen sind.

Wenn auf der Flasche nichts von „nativ“ oder „kalt gepresst“ steht, kannst du davon ausgehen, dass es sich um ein raffiniertes Öl handelt. Nur bei naturbelassenen Ölen muss das explizit auf dem Etikett stehen.

Wie gefährlich sind raffinierte Öle wirklich?

Die Behauptung, raffinierte Öle seien giftig, hält keiner wissenschaftlichen Prüfung stand. Die EU überwacht streng, wie Pflanzenöle hergestellt und verarbeitet werden. Die Grenzwerte für Rückstände, Temperatur und chemische Belastungen sind genau festgelegt.

Eine Gesundheitsgefahr besteht nicht, solange das Öl bestimmungsgemäß verwendet wird. Raffinierte Öle haben sogar Vorteile: Sie enthalten weniger Schadstoffe aus der Rohware, sind hitzestabiler und werden deutlich langsamer ranzig.

Natürlich verlieren sie bei der Verarbeitung Nährstoffe – aber sie sind nicht ungesund. Für die Küche heißt das: zum Braten lieber raffiniertes Rapsöl als Sonnenblumenöl, weil Rapsöl eine bessere Fettsäurezusammensetzung hat. Für Salate oder Dressings eignen sich kalt gepresste Varianten wie Leinöl, Walnussöl oder Olivenöl.

Leinöl – gesund, aber empfindlich. Ein aktueller Test

Leinöl gilt als eine der besten pflanzlichen Quellen für Omega-3-Fettsäuren und ist vor allem für Veganerinnen und Veganer eine wichtige Alternative zu Fischöl. Es enthält reichlich Alpha-Linolensäure, die im Körper in wertvolle Fettsäuren umgewandelt wird und entzündungshemmend wirkt. Trotzdem ist Leinöl ein sensibles Produkt – und das zeigen auch aktuelle Testergebnisse.

Öko-Test hat im Herbst 2025 insgesamt 20 Leinöle untersucht. Das Ergebnis: Knapp die Hälfte der getesteten Produkte erhielt ein „sehr gut“, was im Vergleich zu früheren Öltests ein ausgesprochen positives Ergebnis ist. Die gute Nachricht: Viele Hersteller scheinen das Problem mit Mineralölrückständen mittlerweile im Griff zu haben. Nur in neun der getesteten Öle wurden noch erhöhte Mengen der gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffe MOSH gefunden. Aromatische MOAH-Verbindungen, die als potenziell krebserregend gelten, tauchten nur in einem einzigen Produkt auf.

Ebenfalls erfreulich: Im Geschmackstest schnitten die meisten Leinöle „gut“ bis „sehr gut“ ab. Kein einziges Öl schmeckte ranzig oder fischig – ein Hinweis auf verbesserte Produktions- und Lagerbedingungen. Zwei Produkte waren etwas zu bitter, was typisch ist für Leinöl, wenn es nicht ganz frisch ist oder wenn die Leinsaat leicht oxidiert.

Negativ fiel dagegen ein Premiumprodukt auf, das fast zehn Euro pro 250 Milliliter kostet und trotzdem das schlechteste Ergebnis im gesamten Test erhielt. Das Vitaquell Omega-3-Leinöl wurde wegen gleich mehrerer Belastungen mit „ungenügend“ bewertet: Neben erhöhten Mineralölrückständen enthielt es Rückstände von DDT, einem seit Jahrzehnten verbotenen Pestizid, sowie die Schadstoffe Deltamethrin und Benzo(a)pyren. Diese Kombination führte zur klaren Abwertung. Auch andere teurere Marken schnitten nicht besser ab – der Preis ist also kein Garant für Reinheit.

Positiv überraschten dagegen günstige Eigenmarken: Das Dennree Leinöl, das Dm Bio Leinöl und das Rewe Bio Leinöl erzielten alle ein „sehr gut“. Sie waren frei von Pestiziden und wiesen kaum messbare Rückstände auf – und kosten teilweise weniger als zwei Euro pro Flasche. Das zeigt: Qualität muss nicht teuer sein, entscheidend ist saubere Verarbeitung und Herkunft der Leinsaat.

Bei der Herkunft gab es ebenfalls Überraschungen. Die meisten Leinsaaten stammen nicht aus der EU, sondern aus Kasachstan. Nur wenige Produkte, darunter Dm Bio und Dennree, verwendeten Saat aus Österreich oder Frankreich. Das zeigt: Auch bei Bio-Produkten ist die Lieferkette oft international – wer regionale Ware möchte, sollte gezielt nach Herkunftsangaben suchen.

Leinöl ist ein empfindliches Produkt. Es oxidiert leicht, wird schnell bitter und verliert seine wertvollen Inhaltsstoffe, wenn es zu warm gelagert wird. Deshalb gilt: Leinöl immer im Kühlschrank aufbewahren, nach dem Öffnen innerhalb weniger Wochen verbrauchen und ausschließlich in der kalten Küche verwenden. Zum Braten ist es ungeeignet, da es bei Hitze schnell raucht und dabei schädliche Stoffe bilden kann.

Im Alltag eignet sich Leinöl ideal für Quark, Dips, Smoothies oder Müslis. Wer den leicht nussigen Geschmack mag, kann es auch über warme Gerichte träufeln – aber immer erst nach dem Kochen.

Olivenöl – teuer ist nicht immer besser

Kaum ein Öl steht so sehr für mediterrane Küche und gesunde Ernährung wie Olivenöl. Es gilt als Herzstück der sogenannten Mittelmeerdiät, reich an einfach ungesättigten Fettsäuren und Antioxidantien. Doch wer glaubt, dass eine hohe Preisklasse oder eine italienische Herkunftsbezeichnung automatisch für Qualität stehen, irrt.

Die Stiftung Warentest hat im Februar 2025 insgesamt 25 Olivenöle getestet – darunter bekannte Marken, Discounterprodukte und zahlreiche Premiumsorten. Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur neun Öle erhielten die Note „gut“. Die Mehrheit schnitt nur „befriedigend“ oder schlechter ab, fünf Produkte fielen komplett durch. Hauptgründe waren Schadstoffe, mangelhafte sensorische Qualität und irreführende Deklarationen.

Mehrere teure Marken, die mit Begriffen wie „extra vergine“ oder „erste Kaltpressung“ werben, erfüllten nicht die gesetzlichen Mindeststandards. Sensorisch – also im Geschmack und Geruch – wiesen sie Mängel auf, die nach EU-Regeln dazu führen, dass sie gar nicht als „nativ extra“ verkauft werden dürften. In Laboranalysen wurden zudem erhöhte Mengen an Weichmachern und Mineralölbestandteilen festgestellt.

Überraschend gut schnitten dagegen einige günstige Supermarkt- und Discountermarken ab. Sie boten eine saubere Verarbeitung, keine Schadstoffbelastungen und ein harmonisches Geschmacksprofil – und das teils für weniger als ein Viertel des Preises mancher Premiumprodukte.

Ein weiterer Kritikpunkt der Tester: falsche oder unklare Herkunftsangaben. Auf vielen Flaschen stand „Italienisches Olivenöl“, tatsächlich aber stammten die Oliven aus Spanien, Griechenland oder Tunesien. Rechtlich ist das erlaubt, wenn die Abfüllung in Italien erfolgt, für Verbraucher aber täuschend.

Auch der Umgang mit Verpackung und Lagerung spielt eine Rolle. Helles Glas lässt das Öl schneller altern, da Licht und Wärme die empfindlichen Aromastoffe zerstören. Gute Öle erkennt man daher nicht nur am Geschmack, sondern auch an einer dunklen, lichtundurchlässigen Flasche und einem klaren Mindesthaltbarkeitsdatum, das maximal 18 Monate nach der Pressung liegt.

Sensorisch überzeugten vor allem milde bis fruchtige Öle mit leichter Bitternote und typischer Schärfe im Abgang – ein Zeichen für frische Polyphenole, die als gesund gelten. Ein ranziger oder dumpfer Geschmack deutet hingegen auf oxidiertes Öl hin, das nicht mehr genießbar ist.

Besonders kritisch bewertet wurde, dass mehrere Anbieter das Label „extra vergine“ weiterhin auf ihren Produkten führen, obwohl unabhängige Laboranalysen zeigen, dass sie höchstens die Qualitätsstufe „nativ“ erfüllen. In solchen Fällen sprechen Tester von Verbrauchertäuschung, da die Bezeichnung „extra vergine“ gesetzlich an klare sensorische und chemische Parameter gebunden ist.

Wer auf Nummer sicher gehen will, achtet beim Kauf auf klare Herkunftsangaben und eine transparente Produktionskette. Eine Flasche Olivenöl, die „aus 100 % griechischen Oliven“ oder „Erntejahr 2024/2025“ ausweist, ist meist vertrauenswürdiger als ein anonymer Mischansatz.

Testsieger wurde „REWE Beste Wahl Natives Olivenöl“ mit der Note 2,1. Auch „gut“ sind unter anderem: „ALDI Cantinelle Natives Olivenöl Extra“ oder „Bertolli Originale“. Schlechte Noten gab es für die Marken „Fiore“ oder auch „dmBIO“.

Bild: Envato/pathanchorruangsak

Das könnte dich auch interessieren...

Allgemein

EDEKA gibt nach

Albert-Schweitzer-Stiftung erfolgreich nach Protestaktion im Sommer! Im Sommer diesen Jahres habe ich mich für die Kampagne der Albert-Schweitzer-Stiftung stark gemacht, die sich in erster Linie

Weiterlesen »
Allgemein

Die beste Lippenpflege

Wenn die Temperaturen sinken, die Heizung läuft und die Luft trocken wird, reagieren unsere Lippen sofort: Sie werden spröde, rissig und beginnen zu spannen. Viele

Weiterlesen »

Du willst keine News mehr verpassen?

Dann melde dich doch für den kostenlosen Newsletter an. Neue Gesetze und Verordnungen, immer clevere Betrugsmaschen und die Frage, welche Dienstleistungen und Produkte wirklich gebraucht werden. Ich bringe Licht ins Dunkel und helfe durch den Verbraucherdschungel. In meinem Newsletter analysiere, übersetze und erkläre komplizierte Sachverhalte für dich - einfach und verständlich.

Jetzt zum Newsletter anmelden!
Die Anmeldung zum Newsletter ist kostenlos .
Unsere Datenschutzerklärung findest du hier.
Marketing von

Transparenzhinweis

Anzeigen, Banner oder Links, die mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet sind, sind sogenannte Affiliate-Links. Wenn du über einen solchen Link ein Produkt erwirbst oder einen Vertrag abschließt erhalten wir dafür eine Werbekostenerstattung. Dadurch können wir viele unserer Inhalte für dich kostenfrei anbieten. Für dich entsteht dadurch kein Nachteil.